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Guhrau - evangelische Kirchenbücher

Guhrau - evangelische Kirchenbücher

Forschungen zum Verbleib der evangelischen Kirchenbücher in Guhrau

 

Die Bücher wurden Mitte Januar 1945, während des letzten Konfirmandenunterricht, in den Katakomben unter der Kirche, die noch vom vorher dort stehenden Rathaus stammen sollen, versteckt. Die Einlagerung wurden vom Pfarrer Schmidt veranlaßt. Dazu stiegen einige Konfirmanden über eine Leiter in eine Lucke ein. Drei Jungen standen auf der Leiter und gaben die Bücher nach unten. Die Lucke soll mind. 1,60 m tief gewesen sein und befand sich im Inneren der Kirche in Höhe der Apotheke. Unten stand in einem Gang ein sehr langer (4-5m) Tisch, auf dem die Gegenstände abgelegt wurden. Zusätzlich sollen noch eine Sattlermaschine und weitere Kirchendokumente dort versteckt worden sein. Nach der Einlagerung wurde die Lucke verschlossen und der Schacht darüber wurde mit Erde verfüllt, der sich aber durch seine Farbgebung von der Umgebung absetzte. Im Mai 1945 sah Herbert Linz den zugeschütteten Eingang unversehrt.

 

Pfarrer Schmidt, der diese Einlagerung veranlaßte, verließ Guhrau am 22.1.1945. Er wohnte in Bautzen als Flüchtling bis April 1945. Er bekam die Seelsorge der Flüchtlinge in der Stadt übertragen. Nach der Räumung von Bautzen erlebte er das Kriegsende in Lauenstein im Erzgebirge. Der Versuch, wieder nach Schlesien zurückzukehren, mißlang, da er die Neiße in Görlitz nicht übertreten konnte. Nach 6wöchigen Warten kehrte er nach Bautzen zurück und übernahm eine Pfarrerstelle. Er starb in Bautzen am 25.12.1970. Nachdem ihm die Zerstörung der Kirche bekannt wurde (also nach 1966), übergab er den Kirchenschlüssel und das Kirchesiegel, die er auf der Flucht mitgeführt hatte, dem Konsistorium in Görlitz. Allerdings seien weder Schlüssel noch Siegel in Görlitz auffindbar. Auch sonstige Unterlagen sind weder dort noch an seinem späteren Wirkungsort, Bautzen, im Landeskirchenarchiv Sachsen in Dresden sowie in der Ostdokumentation im Bundesarchiv Bayreuth bekannt. Nach dem Krieg soll Kontakt zur katholischen Kirche in Guhrau aufgenommen worden sein mit der Bitte, nach den evang. Kirchenbüchern zu sehen. Eine Antwort wäre nie gekommen. Im Juni 2000 antwortete der junge katholische Pfarrer, er weiß von nichts.

 

Artikel aus der „Guhrauer Kreiszeitung“ Nr. 8/2000

 

Nach Auskunft einiger Konfirmanden, die im Jahre 1945 in Guhrau konfirmiert werden sollten, liegen in den Katakomben der ehem. ev. Kirche am Markt, die Kirchenbücher aus dem Pfarrhaus. Pastor Schmidt hatte die Buben kurz vor der Vertreibung beauftragt, die Bücher in die Gewölbe unter der Kirche zu bringen. Es ging eine verdeckte Treppe dorthin.

Da die Kirche erst bei den Russen, dann bei den Polen als solche keine Verwendung gefunden hat, wurde das Gestühl als Brennholz und der leere Gottesraum als Lagerhalle für Kleidung, später für Getreide und Futtermittel benutzt. Das Gebäude selbst verfiel allmählich und wurde ca. 1966 abgerissen. Der Untergrund ist dabei nicht zerstört worden.

Es bot sich an, nachdem sich die Polen nicht mehr so feindlich uns gegenüber zeigen, daß wir in Gemeinschaftsarbeit nach den verbliebenen Dokumenten suchen. Ein guter Freund aus Lissa von Herbert Linz, ehem. Konfirmand, hat Interesse an den Nachforschungen und konnte durch seine guten Beziehungen zur Wojewodschaft Breslau und dem dortigen Kulturamt unseren Plan in die Wege leiten, der dann auch offiziell genehmigt worden ist. So fuhr auf Einladung eine Delegation von uns Anfang Juni nach Guhrau. Auch die Herren von den Ämtern aus Breslau und Lissa, der Oberstaatsanwalt und das Fernsehen waren mit uns und dem Initiator Stanislaw aus Lissa pünktlich eingetroffen. Aber „buddeln“ durften wir noch nicht, denn es war am Wochenende die 700-Jahrfeier der Stadt Guhrau. Das wußte man vorher nicht einmal in Breslau. So wurde unsere Aktion um 6 Tage verschoben. Standort- und Elektromessungen sind aber inzwischen durchgeführt worden.

 

Am Montag ging dann die Arbeit los. Vorerst wurde mit einer Sonde eine Kamera heruntergelassen, um zu sehen, ob man überhaupt einsteigen kann. Über Monitor konnten wir eine völlig intakte Ziegelmauer und die wunderschönen Gewölbe sehen. Also wurde ein Loch ausgebaggert, und über eine Leiter sind vier Mann eingestiegen. Leider sind sie nicht an die Stelle gekommen, wo die Bücher - wahrscheinlich unversehrt - liegen, da die Einstiegsstelle ungenau beschrieben worden ist. Um an die richtige Stelle zu kommen, hätte man unten eine Mauer durchbrechen müssen, die von einem großen, schweren Steinhaufen versperrt war. Von Hand war dieser nicht zu entfernen. Leider hat man dann unverrichteter Dinge alles wieder zugemacht. Warum man am nächsten Tag nicht noch einmal näher am früheren seitlichen Eingang, wo die Treppe war, gesucht hat, weiß ich nicht. Es waren schließlich drei Tage für diese Arbeiten vorgesehen. Als ich mit dem Breslauer Kulturrat darüber sprach und meinte, daß die vielen Aufwendungen auf diese Weise doch umsonst waren, sagte er: „Für den polnischen Staat ist es sehr wertvoll, jetzt zu wissen, daß da unten die Katakomben existieren und unbeschädigt sind. Wir werden das den Archäologen weitergeben.“

Vielleicht kommen die dann an unsere Dokumente? Es sollte sich jemand Kompetentes von uns Guhrauern darum kümmern!

Als Delegierte waren anwesend: Herbert Linz, Fritz von Zobeltitz mit Enkel, Hubertus von Lucke, Luzie ? aus Osten, Gisela Weisheit. Bärbel Blumenschein geb. Schmidt mit Ehemann haben wir von Guhrau aus abbestellt wegen Erfolglosigkeit.

 

Aus dem Bericht zum 25. Bundestreffen des Kreises Guhrau vom 15. bis 17.9.2000 in „Guhrauer Kreiszeitung“ Nr. 10/2000:

 

„Im Anschluß an die Begrüßung wurde der im Programm angekündigte und mit Spannung erwartete Videofilm über die Ausgrabungsversuche auf dem Guhrauer Marktplatz und die 700-Jahrfeier der Polen in Guhrau im Jahr 2000 vorgeführt. Herbert Linz, Altguhrau, gab zunächst eine Einführung über den Anlaß und die Vorbereitungen für die Grabungen auf dem Platz der in den sechziger Jahren abgerissenen ev. Kirche. So manche Gespräche mit den polnischen Behörden waren erforderlich. Auch das polnische Fernsehen war zugegen. In der Augustausgabe der Heimatzeitung ist darüber berichtet worden. Leider wurde in dem noch gut erhaltenen Untergrund der ev. Kirche nichts mehr gefunden. Wie Herbert Linz versicherte, sind die Nachforschungen nach den verschollenen Dokumenten, Kirchenbüchern, Altargeräten etc. aber keineswegs abgeschlossen. Ebenso ist ein großer Teil des vorhandenen Filmmaterials noch nicht ausgewertet. Wer Interesse daran, bzw. an dem vorgeführten Videofilm hat, möchte sich an Herbert Linz in Pforzheim, Im Hasenacker 14, wenden.“

 

Dieser Film berichtet über die Grabung auf dem Marktplatz von Gora. Der Marktplatz ist ein kleiner Park mit viel Grün, einigen Bänken und einem Denkmal in der Mitte des Platzes. An einer Ecke, vor der Apotheke, wurden Messungen durchgeführt und danach eine Stelle bestimmt, wo der Beginn der Grabungen sein sollte. Dort wurde auf einer Länge von etwa 5-7 Metern der Rasen abgetragen. In etwa 1 m Tiefe stieß man auf Ziegelsteine, die zu einem unterirdischen Gang gehörten, der parallel zur langen Seite des Platzes verlief. Zuerst wurde ein Loch von etwa 5cm Durchmesser gebohrt, durch welches eine Kamera heruntergelassen wurde. Die Bilder zeigten einen Gang, der nach etwa 4-5 m in jede Richtung durch Schutt versperrt war. Es war aber auch ein Seitengang zu sehen. Deshalb wurde ein größeres Loch in die Decke des Ganges gebrochen, um mit einer Leiter einzusteigen. Der Seitengang führte in die obere Richtung, war aber auch nach etwa 1 m durch Schutt versperrt. Dieser Gang soll nach Aussage von Herbert Linz, der Schacht gewesen sein, durch den man 1945 die Dokumente in die Katakomben brachte. Da nichts gefunden wurde, wurde das Loch geschlossen, mit Erde wieder aufgefüllt und das äußere Erscheinungsbild wiederhergestellt.

Nach alten Foto´s war die Mauer auf dieser Seite in Höhe der Eingangstür des Hauses rechts neben der ehem. Sparkasse. Somit wäre der Grabungspunkt richtig gewesen. Der Schutt, der den Gang in beide Richtungen und den Gang nach oben blockierte, wird wohl vom Abriß der Kirche stammen. Somit sind die Kirchenbücher entweder vorher entdeckt oder unter dem Schutt begraben worden. Der Schutt könnte aber noch vom Abriß des alten Rathauses (zwischen 1759-1765) stammen. Dann wäre zwar der Ort in etwa richtig, aber die Grabung ist auf einen anderen unterirdischen Gang gestoßen.

Quelle

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